Dienstag, 27. Juni 2017

Mafia-Boss in Palermo hingerichtet

In Sizilien ist ein Cosa-Nostra-Boss auf offener Straße getötet worden. Unbekannte erschossen den Mafioso, als er mit dem Fahrrad unterwegs war. Eine klare Botschaft des organisierten Verbrechens, sagen Ermittler.



Eigentlich hätte Giuseppe Dainotti den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen sollen. Doch 2014 wurde der wegen dreifachen Polizistenmordes und Entführung verurteilte Mafia-Boss aus dem Knast entlassen - ein Beschluss des Verfassungsgerichts hatte eine Verkürzung des Strafmaßes ermöglicht.

Am Montagmorgen gegen 8 Uhr fand man seine Leiche in der Via D'Ossuna in Palermo. Neben ihm lag noch sein Fahrrad, ein weißer Drahtkorb am Lenker, auf dem Gepäckträger ein grünes Paket. Unbekannte hatten den 67-Jährigen mit mehreren Kopfschüssen getötet. Eine Augenzeugin sagte der Zeitung "Repubblica", sie habe vier Schüsse gehört. Die Polizei hat dies nicht bestätigt. Mutmaßlich zwei Killer sollen sich ihrem Opfer auf einem oder zwei Motorrädern genähert haben. Der Tatort befand sich nur 30 Meter von einer Grundschule entfernt.



Dass es sich um eine Hinrichtung nach klassischem Mafiamuster handelt, steht für italienische Experten außer Frage. "Bei Mafia-Straftaten gibt es keine Zufälle", sagte der Senatspräsident und ehemalige Chef der Nationalen Antimafia-Staatsanwaltschaft, Pietro Grasso, nach dem Attentat. "Wir haben immer gesagt, dass wir die Corleoneser Mafia zerstört haben, die staatliche Institutionen angegriffen hat", so Grasso. "Aber wir haben nie gesagt, dass die Mafia nicht mehr existiert."

Auch der Staatsanwalt von Palermo ist davon überzeugt, dass die Hinrichtung eine Botschaft nach Innen und Außen ist: Der Mord sei auch eine Warnung der Cosa Nostra an den Staat, sagte Francesco Lo Voi dem Portal livesicilia.it. "Sobald irgendwer behauptet, die Mafia existiere nicht mehr oder sei zerschlagen, passiert etwas, das bestätigt, dass sie immer noch da ist." Wenn es nötig sei, schieße die Mafia - "auf bildhafte und symbolische Art".



Der Mord ereignete sich kurz vor dem Jahrestag des Attentats auf den Antimafia-Staatsanwalt Giovanni Falcone am 23. Mai 1992. Knapp zwei Monate später, am 19. Juli 1992, wurde auch dessen Freund und Kollege Paolo Borsellino getötet. Beide Ermittler waren Nationalhelden im Kampf gegen die Cosa Nostra - ihr Tod war Teil einer Terrorstrategie der Cosa Nostra und löste eine nationale Krise in Italien aus.

Der jetzt hingerichtete Dainotti gehörte dem Porta-Nuova-Clan der Cosa Nostra an. Er galt als rechte Hand des Bosses Salvatore Cancemi, der seit 1993 mit den italienischen Strafverfolgungsbehörden zusammengearbeitet und widersprüchliche Aussagen zu den mutmaßlichen Verbindungen Silvio Berlusconis zur sizilianischen Mafia gemacht hatte. Cancemi war unter anderem an den Attentaten auf die Antimafia-Staatsanwälte Falcone und Borsellino beteiligt. Er starb 2011 an einem Schlaganfall.

Der "Corriere del Mezzogiorno" berichtet, Dainottis Spitzname sei "Gano di Magonza" gewesen. Ganelon ist eine Figur aus dem altfranzösischen Rolandslied, ein Ritter und Schwager von Karl dem Großen, der sein Land an die Sarazenen verrät. Dainotti soll innerhalb der Cosa Nostra schon länger auf der Abschussliste gestanden haben.

Der Mord in Parlermo sei eine Aufforderung, weiter gegen die Mafia zu kämpfen, betonte Pietro Grasso. "Falcone hat gesagt, dass sie ein Ende haben wird und wir sind überzeugt, dass es so sein wird."


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