Freitag, 30. Januar 2015

Rund 150 Mafia-Mitglieder festgenommen

 Bologna - Sie ist mächtiger als die sizilianische Cosa Nostra und die napolitanische Camorra - doch nun ist mit mehr als 150 Festnahmen ein harter Schlag gegen die Mafiaorganisation 'Ndrangheta gelungen.




Wie die Staatsanwaltschaft von Bologna am Mittwoch mitteilte, richtete sich der Einsatz gegen mehr als 40 Verdächtige in Kalabrien, dem angestammten Gebiet der 'Ndrangheta, sowie gegen 117 weitere in der norditalienischen Region Emilia-Romagna.

Nach mindestens sieben der 163 Verdächtigen, gegen die Haftbefehle ausgestellt wurden, wurde noch gefahndet. Wie viele von den übrigen Verdächtigen bereits wegen anderer Vergehen in Haft waren, wurde nicht mitgeteilt. Presseberichten zufolge gehört zu den Festgenommenen ein Vertreter der Partei Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi.


Auch Anführer wurden verhaftet

"Das ist ein eindrucksvoller und entscheidender Schlag gegen die Mafia im Norden", sagte der italienische Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft Franco Roberti bei einer Pressekonferenz in Bologna, der Hauptstadt von Emilia-Romagna. Bei der 'Ndrangheta handele es sich um "eine tief verwurzelte und sehr gefährliche kriminelle Organisation". Sechs der in Emilia-Romagna festgenommenen Verdächtigen gelten den Angaben zufolge als Anführer der Mafiaorganisation.




Der Großeinsatz der Polizei zeigt, dass die 'Ndrangheta ihre Aktivitäten auf Norditalien ausgeweitet hat. Eine 'Ndrangheta-Zelle in Emilia-Romagna sei dort schon seit etwa 20 Jahren aktiv und handele finanziell und organisatorisch weitgehend unabhängig, sagte der Staatsanwalt von Bologna, Roberto Alfonso.


'Ndrangheta hat Verbindung zu Drogenkartellen

'Ndrangheta gilt mittlerweile als Italiens mächtigste Mafiaorganisation. Wegen ihrer führenden Stellung im europäischen Handel mit Kokain hat sie die neapolitanische Camorra und die sizilianische Cosa Nostra überholt. Mit dem Schmuggel der Droge aus Südamerika über Nordafrika und Süditalien nach Europa werden mehrere Milliarden Euro umgesetzt. Die 'Ndrangheta, deren Name sich von dem griechischen Wort für Mut oder Treue ableitet, unterhält nach Erkenntnissen der Ermittler Verbindungen zu kolumbianischen Drogenkartellen, mexikanischen Banden und Mafia-Clans in New York und anderen Orten Nordamerikas.

In jüngster Zeit war die italienische Polizei wiederholt gegen die 'Ndrangheta vorgegangen. Vergangene Woche nahm die Polizei in Rom 31 Verdächtige fest, die einem Drogenhändlerring mit Verbindungen zur 'Ndrangheta angehören sollen. Sie wollten offenbar andere kriminelle Banden verdrängen, um den Kokain-Preis im Straßenhandel allein zu bestimmen.


'Ndrangheta-Neulinge leisten "Gifteid"

Im November wurden Dutzende Verdächtige mit mutmaßlichen Verbindungen zur 'Ndrangheta in und um Mailand, Italiens Wirtschaftsmetropole im Norden, festgenommen. Nach diesem Einsatz veröffentlichte die Polizei heimlich gefilmte Bilder von einem Initiationsritual der Mafiaorganisation. Bei dieser religiös anmutenden Zeremonie schworen die Neuzugänge einen "Gifteid", der sie verpflichtet, sich selbst zu töten, sollten sie jemals ein 'Ndrangheta-Mitglied hintergehen.


Bei dem Einsatz in Rom stellte die Polizei ein Notizbuch sicher, das verschlüsselte Informationen über Initiationsriten sowie die hierarchische Struktur und den Ehrenkodex der 'Ndrangheta enthielt. Die Ermittler konnten die Geheimschrift entschlüsseln und so unter anderem Listen von Drogendealern und anderen Verbündeten des Mafia-Clans lesbar machen. Außerdem sollen die Ermittlungen durch ein abtrünniges 'Ndrangheta-Mitglied unterstützt worden sein. Italienischen Medien zufolge handelt es sich um einen wegen Mordes an einem rivalisierenden Bandenmitglied inhaftierten Mann.
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Polizei zerschlug Spielhallen-Mafia

Es war ein empfindlicher Schlag gegen die Spielautomaten-Mafia. Eine sechsköpfige Bande manipulierte Geldautomaten, zockte Spieler und auch die Inhaber von Spielhallen ab. Der Schaden geht in die Millionen.




Mit einer perfekt getimten Razzia zerschlug die Polizei die kriminellen Strukturen.
Zeitgleich hatten die Fahnder am Mittwoch 125 Wohnungen und Spielhallen in ganz NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen gestürmt. Sechs Bandenmitglieder wurden verhaftet.

„Seit März ermittelte eine Sonderkommission, nachdem wir einen Hinweis erhalten hatten“, so Chef-Ermittler Uwe-Dieter Matschat (55). Die Überwachung eines Telefonanschlusses brachte die Polizei endgültig auf die Spur.

Die Köpfe der Bande: die Brüder Ali (53) und Sabahattin T.  (51) sowie Benjamin P. (32). Die Brüder betrieben selbst Spielhallen, P. fungierte in der Bande als „Programmierer“. „Sie manipulierten die Software von Spielgeräten, die sich der 'Coolfire'-Technik bedienen“, so Matschat.

Diese spezielle Software verkauften die Brüder bundesweit an andere Spielhallen-Betreiber. „Die gesetzlich vorgegebene Gewinnquote wurde so manipuliert, das die Automaten weniger Gewinn für die Spieler abwarfen“, erklärt der Chef-Ermittler.

Zwar mischten viele der Spielhallenbetreiber mit, ahnten aber nicht, dass sie selbst von der Bande abgezockt wurden. Matschat: „Die Bande schickte rund zwei Dutzend sogenannte 'Läufer' an die manipulierten Geräte. Mit bestimmten Tastenkombinationen schöpften sie dann selbst Gewinne für die Bande ab. Man kann also von betrogenen Betrügern reden.“

Gegen die sechs Bandenmitglieder ergingen Haftbefehle. Sie erwarten Haftstrafen wegen bandenmäßigem Betrug von bis zu zehn Jahren. Ali T. wurde in einem Hotel in Gelsenkirchen-Buer verhaftet. Bei ihm stellten die Beamten 40.000 Euro in bar, eine Luxusuhr, einen Bentley und einen Mercedes sicher.

Insgesamt wurden sogar 180.000 Euro beschlagnahmt. Außerdem stellten die Fahnder 800 ‘Coolfire‘-Einheiten und 100 Spielgeräte sicher. „Wir gehen von einem Schaden im hohen siebenstelligen Bereich aus. Und es ist nicht auszuschließen, dass immer noch manipulierte Geräte in Betrieb sind. Die Ermittlungen gegen Spielhallen und deren Betreiber laufen noch“, so Matschat.



http://www.bild.de/regional/ruhrgebiet/razzia/so-zerschlug-die-polizei-die-spielhallen-mafia-39556808.bild.html

Mittwoch, 28. Januar 2015

Groß-Razzia gegen die Mafia in ganz Italien

Wegen Verstrickungen mit der 'Ndrangheta, der Mafia in der süditalienischen Region Kalabrien, sind in ganz Italien 160 Personen festgenommen worden. 180 Haftbefehle wurden von der Staatsanwaltschaft von Bologna erlassen, berichteten gestern italienische Medien am Mittwoch. Allein in der norditalienischen Region Emilia Romagna habe es 117 Festnahmen gegeben. Weitere 27 Personen wurden in der sizilianischen Stadt Catania wegen Drogenhandels und Erpressung festgenommen. Die Festnahmen sind der Zusammenarbeit von einigen abtrünnigen Mafiosi mit der Polizei zu verdanken.




Die Festnahmen erfolgten wegen Erpressungen, Wucher, illegalen Waffenbesitzes und Geldwäsche. Den Mafiosi werden auch enge Verbindungen zu Unternehmen in der norditalienischen Region Emilia Romagna vorgeworfen. Hunderte Polizisten waren bei der Razzia im Einsatz. Dutzende Wohnungen wurden durchsucht.





Weitere 27 Personen wurden in der sizilianischen Stadt Catania wegen Drogenhandels und Erpressung festgenommen. Die Festnahmen sind der Zusammenarbeit von einigen abtrünnigen Mafiosi mit der Polizei zu verdanken.


Die organisierte Kriminalität erwirtschaftet laut einer Studie des italienischen Industriellenverbands Unimpresa einen Jahresumsatz von 180 Milliarden Euro und ist bei weitem der größte "Konzern" im Land. Der Jahresgewinn beträgt über 100 Milliarden Euro, geht aus der Studie hervor.
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Dienstag, 27. Januar 2015

Koksende Drogenfahnder und die Mafia in Kempten

Stockbetrunken und auf Antidepressiva wurde letztes Jahr im Februar der Chef der Drogenfahndung im Allgäu festgenommen. Er saß am Steuer seines Audi und war gerade von zu Hause geflüchtet, wo er kurz zuvor seine Frau lebensgefährlich gewürgt, zu sexuellen Handlungen gezwungen haben soll und ihr wohl auch noch drohte, sie umzubringen.



Um den Wahnsinn komplett zu machen, gestand er seinen verdutzten Kollegen noch während der Festnahme, dass er Drogen in seinem Spind in der Polizeiwache in Kempten gebunkert hätte. „Das reicht bis zur Rente", soll er gesagt haben. Mehr als eineinhalb Kilo Koks fanden die Beamten dann, als sie seinen Spind aufbrachen. Marktwert: bis zu 250.000 Euro.

Am Montag begann der Prozess gegen den Mann vor dem Landgericht Kempten. Jetzt brauchte er natürlich jede Menge Chuzpe, um sein Pulver direkt vor der Nase einer Horde eifriger Drogenfahnderkollegen zu verstecken. Denen hätte ja auch mal auffallen können, dass er immer in der Toilettenkabine verschwand, statt aufs Pissoir zu gehen. Aber der Schock bei den Beamten, Angehörigen und so ziemlich jedem, der in Kempten eine Meinung hat, sitzt tiefer:

Wer 1,6 Kilo Kokain hat, muss ganz nah an der Quelle sein,“ kommentierte der  Mafia-Experte Claudio Michele Mancini den Fall laut Zeitungsberichten. „Und diese Quelle ist die Ndrangheta." Aber von vorne - Armin N. - seinen Nachnamen dürfen wir nicht nennen, weil das gegen seine Persönlichkeitsrechte verstoßen würde, wie überhaupt vieles in diesem Prozess nicht geschrieben werden darf, berechtigt oder unberechtigt - wurde jedenfalls im Jahr 2000 zum Chef-Drogenfahnder von Kempten befördert. Das heißt, er war etwa für verdeckte Ermittlungen, Razzien und Festnahmen zuständig und durfte beschlagnahmtes Rauschgift vernichten. Soll heißen: 

Er warf es im Beisein eines Staatsanwalts in die Müllverbrennungsanlage. Privat lief es nicht so gut. Im gemeinsamen Haus sollen der Fahnder und seine Frau sich zwar ausschweifenden Nächten mit Koks, Sex-Spielzeug und BDSM hingegeben haben, die aus der Serie „KinK „stammen könnten, berichten Eingeweihte.

Die Ermittlungsergebnisse dazu sollen aber ebenfalls nicht veröffentlicht werden - zum Schutz besonders von Armins Frau. Verständlich. Wer jahrelang mit einem kokainsüchtigen Polizisten zusammenlebt, der auf harten Sex steht und scheinbar unerschöpfliche Kokain-Vorräte hat, hat es schwer genug. In solchen Nächten soll Armin seine Frau immer wieder geschlagen und misshandelt haben, nicht nur einvernehmlich. Einmal floh sie in so einer Situation vor ihm, stürzte vom Balkon und brach sich einen Lendenwirbel. 

Am Abend des 14. Februar 2014 war Sex vermutlich nur Nebensache. Es war Valentinstag und irgendwie muss es Streit gegeben haben. Nach dem gemeinsamen Abendessen trat Armin seiner Frau in Kampfanzug und Erkennungsmarke um den Hals entgegen, drohte, sie umzubringen, und versuchte, sie zu vergewaltigen. Armin war stockbetrunken, seine Frau konnte sich aus seinem Griff befreien, floh in den Garten und holte per Telefon Hilfe.

Als Nächstes soll Armin sich im Auto Richtung Kempten aus dem Staub gemacht haben, bis er schließlich von der mittlerweile verständigten Polizei gestoppt wurde und die Koks-Bombe platzen ließ.

Man könnte fast meinen, er wollte geschnappt werden. Im Gerichtssaal am Montag gab er an, seit Jahren kokainabhängig zu sein. Das Kokain will er aus der Asservatenkammer gehabt haben, wo die Polizei ihre Drogenfunde bis zur Vernichtung lagert. Ein Staatsanwalt soll es ihm überlassen haben - damit er andere im Erkennen von Drogen schult. Aber das glaubte ihm von Anfang an keiner. Woher das Koks stammt, ist bis heute völlig ungeklärt. Das riesige Interesse der Medien an dem Fall rührt aber wo anderes her: Kempten gilt als die Hochburg der italienischen Ndrangheta in Deutschland und als Logistik-Zentrum im Koks-Handel.

Stand Armin N. auf der Gehaltsliste der Mafia oder war er womöglich erpressbar? Schon in den 60er Jahren warb Deutschland in großem Stil Gastarbeiter im Ausland an, damals noch aus Italien. Auch nach Kempten wurden sie geschickt, um die dortige Industrie mit aufzubauen. Wohl mehr zufällig kamen die meisten der Kemptener Italiener ausgerechnet aus Kalabrien, aus der Umgebung eines kleinen, in Deutschland unbekannten Dorfes namens San Luca. Was man damals nicht wusste oder für irrelevant hielt: San Luca ist die Geburtsstätte der Ndrangheta, hier liefen und laufen die Fäden dieser international tätigen kriminellen Vereinigung zusammen, meinen Experten. Die Gastarbeiter aus San Luca wollten der Armut Kalabriens entfliehen. Es gibt keinen Grund, ihnen schlechte Absichten zu unterstellen. Aber im Gepäck hatten sie eben auch zahlreiche Kontakte und Familienbande zur Ndrangheta.

Als dann in den 80er Jahren die Mafia in Italien massiv bekämpft wurde, machten sich viele eingefleischte Mafiosi auf nach Kempten. Sie bauten dort eine sogenannte Relais-Station auf, für den Drogen- und Waffenhandel zwischen Nord- und Südeuropa. Ihren Höhepunkt erreichte die Mafia-Präsenz in Kempten Ende der 90er Jahre, als eine korrupte Schreibkraft bei der Staatsanwaltschaft eingeschleust werden sollte und ein gefürchteter Auftragsmörder am Kemptener Bahnhof festgenommen wurde.
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Hier herrscht die Omertà! Interview mit Staatsanwalt Noseda

Die Italienische Presse berichtete im Dezember über einen Mafiaboss, der im Tessin Sozialhilfe kassierte, im November über einen anderen, der bei den SBB in Bellinzona arbeitete. Und im Sommer sorgte die Frauenfelder ’Ndrangheta-Zelle landesweit für Schlagzeilen. Für John Noseda (66) gehört das organisierte Verbrechen zum Berufsalltag. Der Tessiner Generalstaatsanwalt sagt im BLICK-Interview, wo überall die Mafia ihre Finger im Spiel hat.




Mancini: Sie sind seit Jahrzehnten in der Tessiner Justiz tätig. Hatten Sie auch mit der Mafia zu tun? 

John Noseda:
 Eigentlich ist die Mafiabekämpfung nicht meine Aufgabe, sondern die der Bundesanwaltschaft. Doch schon in den 70er-Jahren ermittelten wir hier im Tessin gegen die Mafia. Es ging um Entführungen und Mord. Auch wenn die Verbrechen in Italien stattfanden, hier wurde der Erlös gewaschen. In einem Fall war der Mörder sogar ein Schweizer.

Mancini: Wie aktiv ist die Mafia im Tessin? 

John Noseda: Seit ich Generalstaatsanwalt bin, gibt es sicher über 100 Fälle, in denen die Mafia eine Rolle spielt. Vor allem geht es um Geldwäsche. Sie treibt aber auch im Bau- und im Gast­gewerbe ihr Unwesen, stützt den Drogenhandel. Es gibt Hinweise, dass sie auch hinter Schlepperbanden steckt, die Flüchtlinge ins Land schleusen.

Mancini: Welche konkreten Erfahrungen haben Sie gemacht? 

John Noseda: Es ist nicht leicht, die Mafia festzunageln. Es gab beispielsweise eine Baustelle, auf der ein Arbeiter zu Tode stürzte. Grund waren mangelnde Sicherheitsvorkehrungen. Als wir eintrafen, um zu ermitteln, war der Tatort manipuliert worden. Plötzlich waren da ein Geländer, eine Treppe, ein Sicherheitsgurt, die vorher fehlten. Und das große Schweigen. Keiner der rund 30 Arbeiter sagte aus. Sie hatten Angst um Job und Familie. Diese Omertà spricht eindeutig für die Mafia. Die Arbeiter werden ins Tessin geschafft, untergebracht, ausgebeutet und bedroht. Die Mafia beteiligt sich sogar an Großbaustellen wie Alptransit.

Mancini: Wie geht die Mafia vor? 

John Noseda: Über Tessiner Banken Geld zu waschen, wird zunehmend schwieriger. Also bunkert sie ihr Schwarzgeld woanders. Gibt zum Beispiel eine Bank ihren Standort auf, mietet die Mafia die Räume, nutzt die ehemaligen Bankschließfächer, um heimlich Geld zu deponieren. Immer häufiger beobachten wir, dass sie fiktive Unternehmen gründet: Restaurants, Informatikdienste, Handelsbetriebe. Dort stellt sie Landsleute ein und verschafft ihnen damit eine Aufenthaltsgenehmigung. Sie zahlt Gehälter für Arbeit, die nicht gemacht wird, begleicht Rechnungen, die es nicht gibt. Sie ebnet auch anderen, beispielsweise der osteuropäischen Mafia, den Weg in das Tessiner Rotlichtmilieu. Diese stellt dann das Sicherheitspersonal der Clubs. Das nahm in den letzten zwei, drei Jahren zu.




Mancini: Wie kann man dem Treiben der Mafia einen Riegel schieben? 

John Noseda: Das ist sehr schwer. Besonders nach dem neuen Strafgesetzbuch. Wenn wir einen Verdächtigen als Zeugen nach Komplizen befragen, muss dessen Anwalt anwesend sein. Also werden die Komplizen gewarnt und unsere Arbeit zunichte ­gemacht. Auch wenn wir sehr gut mit der Bundes­anwaltschaft und den Antimafia-Behörden in Italien zusammenarbeiten, ist die Ermittlung sehr schwerfällig.

Mancini: Eine ernüchternde Antwort. Frustriert Sie das? 


John Noseda: Ich halte die Mafia für extrem gefährlich. Sie bildet einen Staat im Staat und untergräbt die Demokratie. Sie nutzt jede Schwachstelle in der Gesellschaft. Wir müssen aufpassen. Wir brauchen mehr kriminalistische Intelligenz. Da sind auch die Gewerkschaften gefragt, die Steuerbehörde, das Konkursamt. Die Kontrolle der Daten muss auf allen Gebieten ausgebaut werden. Das wären die richtigen Instrumente. Man muss sie nur einsetzen wollen.
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Mittwoch, 21. Januar 2015

Berüchtigter Mafia-Boss in Kalabrien gefasst

Die italienische Polizei verstärkt die Offensive gegen das organisierte Verbrechen. Am Mittwoch wurde einer der gefährlichsten Bosse der 'Ndrangheta, wie die Mafia der süditalienischen Region Kalabrien genannt wird, gefasst. Der international gesuchte Natale Trimboli, der zu den Spitzenbossen der Ndrangheta zählt, wurde in einer leer stehenden Wohnung nahe der Stadt Reggio Calabria, festgenommen.




Der 46-Jährige zählt zu den gefährlichsten flüchtigen Kriminellen in Italien und wurde wegen Mordes gesucht, berichteten italienische Medien. Bei der Festnahme leistete er keinen Widerstand. Festgenommen wurden auch drei Komplizen, die Trimbolis vierjährige Flucht begünstigt haben sollen, so die Ermittler. Dem Mafia-Boss werden mehrere Morde sowie Drogenhandel zur Last gelegt.


Sprengung der Haustür und Verhaftung

Innenminister Angelino Alfano begrüßte Trimbolis Festnahme, die einen schweren Schlag für das organisierte Verbrechen darstelle. "Trimbolis Festnahme bezeugt einmal mehr, dass der Einsatz des Staates gegen die Mafia keine Pause kennt", so der Minister.
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Schlag gegen die Camorra - 24 Festnahmen

Italienischen Anti-Mafia-Einheiten ist ein schwerer Schlag gegen die neapolitanische Camorra gelungen, berichten soeben die italienischen Medien. In der Region Kampanien und in Verona wurden 24 Personen festgenommen. Ihnen werden Verbindungen zur Mafia, Korruption und Amtsmissbrauch vorgeworden, berichteten italienische Medien.




Es geht um Aufträge eines Krankenhauses in der süditalienischen Stadt Caserta, die angeblich einigen Unternehmen aus dem Umfeld des einflussreichen Casalesi-Clans zugeschanzt wurden. Dies erfolgte anscheinend mit Unterstützung von Politik und öffentlicher Verwaltung. Bei dem Polizeieinsatz wurden auch Güter des Clans im geschätzten Wert von mehreren Millionen Euro beschlagnahmt. Die Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft in Neapel koordinierte die Polizei-Aktion.


Am Dienstag waren bereits Haftbefehle gegen 30 Anhänger des einflussreichen Clans Moccia in Neapel erlassen worden. Ihnen wird Erpressung von Unternehmern zur Last gelegt. Bei einer Razzia gegen die 'Ndrangheta, die Mafia in der süditalienischen Region Kalabrien, waren am Dienstag Dutzende Verdächtige festgenommen worden. Mehrere Wohnungen wurden durchsucht. Dabei wurden insgesamt 600 Kilogramm Kokain und Haschisch sowie mehrere Waffen beschlagnahmt. Den Festgenommenen werden unter anderem ein 2013 in Rom verübter Mord und Erpressungen vorgeworfen.
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Italienische Polizei entdeckt den "Kodex von San Luca"

Blutige Klingen, verquaste Rhetorik: Die italienische Mafia praktiziert archaische Aufnahmeriten. Römische Ermittler haben jetzt eine schriftliche Anleitung für "Taufen" der kalabrischen 'Ndrangheta gefunden.


Trügerisches Idyll: 'Ndrangheta-Hochburg San Luca im Aspromonte


Ein erfolgreicher Tag für die Mafiajäger in Italien: Beamte der italienischen Finanz- und der Kriminalpolizei nahmen 31 mutmaßliche Mitglieder der kalabrischen `Ndrangheta fest. 600 Kilogramm Kokain und Haschisch wurden sichergestellt, außerdem zahlreiche Waffen.

Die Behörden in Rom gehen in letzter Zeit verstärkt gegen die 'Ndrangheta vor, die den Kokainhandel in der Hauptstadt in der Hand hat.

Der herausragende Fund allerdings ist ein anderer: Die Ermittler gaben bekannt, dass sie bereits vor Monaten ein kleines Heft mit Notizen gefunden hätten. Die drei Seiten langen Aufzeichnungen haben es in sich - sie beschreiben die Initiationsriten der kalabrischen Mafia aus San Luca, einem abgelegenen Bergdorf im Aspromonte, das als Hochburg der ‚Ndrangheta gilt.

Von hier stammen Opfer und Täter des Blutbades in Duisburg, das aus einer Fehde der Familien Strangio-Nirta und Pelle-Romeo resultierte. Am 15. August 2007 wurden sechs Menschen vor einem italienischen Restaurant erschossen. Der Haupttäter Giovanni Strangio wurde im Juli 2011 zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der "Kodex von San Luca" beschreibt den Aufnahmeritus der 'Ndrangheta, jenen für manchen Mafioso geradezu heiligen Moment, in dem er Teil der kriminellen Organisation wird. Zu einer solchen Zeremonie sind in der Regel die wichtigsten Clanchefs geladen, das Gelöbnis des Neulings folgt einer immer der gleichen Dramaturgie mit traditionellen Leitsätzen.

"Wie erkennt man einen jungen Ehrenmann?", zitiert ein italienisches  Onlineportal. "An einem goldenen Stern auf der Stirn, einem Ritterkreuz auf der Brust und einer goldenen Palme in der Hand. Und wie kommt es, dass ihr diese schönen Dinge habt und man sie nicht sieht? Weil ich sie im Fleisch, auf der Haut und in den Knochen trage."

Experten zufolge wird hier Bezug genommen auf den Gründungsmythos der 'Ndrangheta. Der handelt von drei spanischen Rittern Osso, Malosso und Carcagnosso, welche die Ehre ihrer Schwester retteten, indem sie einen Mann töteten. Dafür wurden sie auf die sizilianische Insel Favignana verbannt. Am Ende ihrer Haft verfassten sie den ersten Verhaltenskodex sowie das Gesetz der "Omertà" und gründeten die Geheimgesellschaften - Osso die Cosa Nostra in Sizilien, Mastrosso die ‚Ndrangheta in Kalabrien, Carcagnosso di Camorra in Neapel.




Im aktuellen Fall haben sich die Mafiosi - wie es seit Langem üblich ist - Mühe gegeben, das Dokument für fremde Augen unlesbar zu machen: Auf den ersten Fotos der drei Seiten sind handschriftlich verfasste Zeichen zu erkennen, die an Hieroglyphen erinnern. "Der Inhalt ist alphanumerisch verschlüsselt", sagte der Chef der römischen Kriminalpolizei, Renato Cortese. Die Codierung erfolgte demnach nicht nur über Ziffern, sondern auch über beliebige Zeichen eines Alphabets.

Den Ermittlern in Rom sei es gelungen, den Code zu entschlüsseln - was sich als bedeutsam auch für andere Fälle erweisen könnte. Gefunden wurden die Aufzeichnungen bei Gianni Cretarola, einem Ex-Mafioso, der inzwischen mit den Strafermittlungsbehörden zusammenarbeitet.

Laut dem abtrünnigen Cretarola sind in der Regel fünf Personen bei einer Taufe anwesend. Man begrüße sich mit der Formel "Buon vespro", dann werde der Ort der Taufe zunächst vom "profanen" zum "heiligen, unantastbaren, unverletzlichen" erklärt, sagte Cretarola im August 2013 im Gespräch mit der Staatsanwaltschaft



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 "Wer immer diesen Ort verletzt, wird mit drei bis fünf Dolchstößen in den Rücken bestraft", so die Drohung.

Es folge der traditionelle Blutzoll des Neulings, der seinen Finger in ein Messer drücken müsse, um das Blut fließen zu lassen. Dann werde die formale Taufe vorgenommen. Die Anweisungen für das Ritual erteile ein dafür abgestellter Mafioso, "puntaiolo" genannt. Eine Taufe im Gefängnis durchzuführen sei logistisch weitaus schwieriger als in Freiheit, beklagte der Pentito.

400 Einsatzkräfte haben an diesem Dienstagmorgen in Rom und anderen Regionen Italiens Wohnungen und Häuser durchsucht. Ins Netz gingen namhafte Bosse, die sich neben der Zugehörigkeit zu einer mafiösen Gruppe wegen zahlreicher Delikte verantworten müssen, darunter Körperverletzung, Erpressung - und der Mord an einem gewissen Vincenzo Femia.




Der kalabrische Drogendealer war am 24. Januar 2013 von einem vierköpfigen Killerkommando erschossen wurden. Er war einer der wichtigsten Vertreter der mächtigen 'Ndrangheta-Familie Nirta und soll den gleichnamigen Clan aus San Luca angeführt haben. Auseinandersetzungen mit der rivalisierenden Familie Pizzata soll zu dem Mord geführt haben.

Bereits im August vergangenen Jahres hatten Ermittler das Video eines geheimen Mafiatreffens in der Schweiz veröffentlicht. Die archaischen Aufnahmeriten sind weiter fester Bestandteil der organisierten Kriminalität. Der erste schriftlich verfasste Kodex wurde bereits 1888 in Italien gefunden.


Die 'Ndrangheta gilt als die derzeit mächtigste italienische Mafiagruppierung. Sie agiert nicht nur im Norden Italiens, sondern weltweit. Schätzungen zufolge macht sie alleine (ohne die Cosa Nostra in Sizilien) im Jahr einen Umsatz von über 53 Milliarden Euro  - etwa 2,5 Prozent des italienischen Bruttosozialprodukts.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/mafia-ndrangheta-polizei-entdeckt-den-kodex-von-san-luca-a-1014008.html