Donnerstag, 13. November 2014

Die globalisierte Mafia

Vortrag in Zürich am 9 September von Claudio Michele Mancini

Die Mafia - dabei denkt man an Sizilien und fiese Al Capone-Typen, die Schutzgeld erpressen. Doch das ist von gestern: Die neue Generation ist marktorientiert. Ihre Waffen sind Internet und Börse.




Der Trend zur Globalisierung zeigt sich in Handel, Kommunikation und - beim Verbrechen. Auch die organisierte Kriminalität hat sich der Entwicklung der Märkte angepasst und arbeitet international. Neben den ortsgebundenen, traditionell-hierarchischen Familienverbänden mit Ehren- und Schweigekodex, gibt es immer mehr internationale Gruppierungen, die ihre dunklen Geschäfte global vernetzt betreiben.


Unternehmen Mafia

Die Mafia von heute funktioniert wie ein großes Unternehmen. Eine strenge Kosten-Nutzen-Rechnung ist die Grundlage der meisten Geschäfte, so eine Studie der Europäischen Polizeibehörde Europol. Mafia-Gruppierungen stellten Juristen, Computer- und Wirtschaftsfachleute ein, um reibungslose Kommunikation und Profitanlage zu gewährleisten. Weltweit beschäftigten sie ein Netz von Händlern, Spediteuren und anderen Spezialisten. Es gäbe Gruppen, die sich auf einen Bereich, zum Beispiel Schmuggel, konzentrierten und dafür als Spezialisten von anderen angeheuert werden könnten, so Europol.

"Sie arbeiten genau wie legale Unternehmen, nur die Geschäfte sind nicht legal", sagt Peter Csonka, Oberregierungsrat beim Europarat, gegenüber DW-WORLD. Drogenhandel und Finanzbetrug sind noch immer die wichtigsten Arbeitsfelder der Mafiosi von heute, gefolgt von Fälschung und Schmuggel. "Sie schmuggeln mit allem, was auf dem Markt Nachfrage findet", sagt Conska. "Ob man ein Spender-Herz braucht oder nukleare Stoffe, die Mafia kann liefern."


Neue Märkte

Umweltkriminalität wie etwa der Handel mit Giftmüll und Diebstahl von geistigem Eigentum stellen neue Märkte für die Mafia dar. "Die neuen Mafiagruppen treten heute zum Beispiel als Unternehmensberater auf", erklärt Richard Mörbel, leitender Kriminaldirektor beim BKA, im Gespräch mit DW-WORLD. "Sie beraten eine Firma und spionieren dabei die Unternehmensstruktur genau aus. Dann drängen sie diese aus dem Markt oder übernehmen die Firma."


Cyber-Wäsche

"Das größte Ziel der organisierten Kriminalität ist es nicht kriminell zu erscheinen", sagt Csonka. Deshalb ist die Geldwäsche schon immer besonders wichtig gewesen. Während früher Bargeld in Häuser oder Waren investiert wurde, verschiebt die neue Mafia Millionen über das Internet. Börsenhändler investieren, verkaufen und schon bald ist das Geld sauber. Ein fast unschlagbares System, denn die Geldströme sind nur sehr schwer zu verfolgen.


Diese grenzübergreifende Arbeitsweise macht es der Polizei sehr schwer organisierte Kriminalität zu stoppen. "Unsere Rechtssysteme enden oft immer noch an den Grenzen des eigenen Landes, doch die Täter kennen keine Grenzen", erklärt EU-Experte Mörbel. Um mit der Mafia mitzuhalten, müssten auch Polizei und Justiz noch mehr mit der Zeit gehen – und sich ebenfalls noch stärker vernetzen.

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