Freitag, 6. Juni 2014

Italiens Tor zur Hölle / VIDEO


Zu Beginn des Jahres 2014 wurden erneut Bedenken laut, über die Verschmutzung in einem Gebiet Italiens, das bekannt ist als “Terra dei Fuochi“ (Land der Feuer). Das Gebiet liegt zwischen Neapel und Caserta. Die Ökomafia hat hier über Jahre hinweg Giftmüll deponieren lassen.


Siehe unten - Übersetzung des Berichtes

Seit den achtziger Jahren hat eine Interessengemeinschaft, bestehend aus der Camorra (organisierte kriminelle Familienclans), Industriellen und politischen Kreisen Neapels und Kampaniens, diesen Teil Italiens sprichwörtlich vergiftet. Diese Region zählt zu den Schönsten des Landes. Der Blogger Enzo Ciacco schreibt auf lettera43.it:

ÜBERSETZUNG
Es sind die Gebiete zwischen den Provinzen Neapel und Caserta, die von der Camorra als Giftmülldeponien benutzt wurden. Die Zone umfasst die Städte Qualiano, Giugliano in Campania, Orta di Atella, Caivano, Acerra, Nola, Marcianise, Succivo, Frattaminore, Frattamaggiore, Aversa, Mondragone, Castevolturno, Villa Literno, Pozzuoli, Bacoli, Marano, Cicciano, Palma Campania and Melito di Napoli. In Neapel selbst ist der Stadtteil Pianura betroffen.

Siebenundfünfzig der zwischen Neapel und Caserta gelegenen Gemeinden haben im Juli 2013 den Land-der-Feuer-Pakt unterzeichnet. Aber die traurige Wahrheit ist, dass niemand sicher weiß, an wie vielen Plätzen und wo überall in der Gegend der Giftmüll über Jahre hin verscharrt wurde. ARPAC, die Umweltschutzbehörde Kampaniens, hat bereits mehr als 2.000 verseuchte Gelände ausfindig gemacht.




Enrico Ferdinandi zitiert aus den Aussagen des geläuterten Mafioso Carmine Schiavone, die dieser im Jahr 1997 vor dem Parlamentsausschuss über die Ökomafia machte. Eben diese Aussagen brachten den Casalesi-Clan zu Fall.

ÜBERSETZUNG
“Wir haben so etwas wie ein Militärsystem entwickelt mit Jungs, die noch keinen Eintrag im Strafregister hatten und mit einem gültigen Waffenschein in jedem Auto. Wir hatten Uniformen der Carabinieri, der Polizei und der Steuerfahndung und sogar Verkehrskellen. Jeder hatte sein eigenes Set.” Den Aussagen des reumütigen Mafioso zufolge, wurde nachts abgeladen und Bulldozer hätten dann alles mit Erde zugedeckt. Manchmal aber wurde der Müll bis zu 20 oder 30 Meter tief vergraben.

Die Dokumente zeigen, dass radioaktiver Müll, genauer gesagt, nuklearer Schlamm aus Deutschland” sich unter einer Büffel-Weide befindet, auf der kein Gras mehr wächst”.

Doch über all dem stehen die fatalen Auswirkungen auf die Gesundheit. Die Webseite laretenonperdona.it listet folgende Krankheiten auf, unter denen die Bevölkerung nun vermehrt leidet:

ÜBERSETZUNG
In diesen Gegenden treten vermehrt verschiedene Krebsarten auf, zum Beispiel Magen-, Nieren-, Leber-, Kehlkopf-, Lungen-, Bronchien-, Brustfell- und Blasenkrebs, genauso wie Fehlbildungen und angeborene Anomalien.

Die Webseite liberainformazione.org veröffentlichte folgendes Zitat von Gaetano Rivezzi, Kampaniens Präsidenten der italienischen Sektion der International Society of Doctors for the Environment

ÜBERSETZUNG
[...] in manchen Gegenden gab es in nur ein paar Jahren einen Anstieg von 300 Prozent für diese Art von Erkrankungen. Das auffallendste Beispiel ist der Verwaltungsbezirk von Frattamaggiore, der fünf Gemeinden umfasst mit einem Einzugsgebiet von 100.000 Einwohnern: Im Jahr 2008 registrierten die Ärzte hier noch 136 Fälle. Bis zum Jahr 2012 stieg diese Zahl aber auf 420 Fälle an. Dazu kommen noch die Zahlen des Verwaltungsbezirks Casalnuovo: Hier sind die Erkrankungen mit dem Erkennungskode 048 vermehrt registriert worden, mit anderen Worten, die Zahl der Tumorpatienten stieg innerhalb von fünf Jahren von 384 auf 622 an.   


verseuchte Gebiete


Annalisa Tancredi von ambientequotidiano.it, untersucht die Konsequenzen dieser Verschmutzung, die sich auf die Landfläche, das Grundwasser, die Pflanzenwelt, die Flüsse, das Meer und die Atemluft auswirken:

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Fazit ist, dass diese Felder trotz Verbots immer noch von Bauern bewirtschaftet werden. Sie erzeugen Gemüse und Hülsenfrüchte aller Art, wie zum Beispiel Tomaten, Salatgurken, Kohl oder Broccoli und auch Früchte. Diese Erträge werden dann an Märkte und multinationale Konzerne verkauft, die sie wiederum zu Pasta-Saucen oder Tiefkühlsuppen verarbeiten. Verkauft werden diese Produkte nicht nur auf dem italienischen Markt, sondern auch in Europa und der ganzen Welt.

In der Gegend der Terra dei Fuochi sind nicht nur Land und Grundwasser kontaminiert, sondern auch das Vieh, das die Erzeugnisse des Landes frisst und trinkt. Ein ehemaliger Landwirt berichtete, dass von 3.000 Rindern, 2.700 wegen Erkrankungen, Schwäche und Geburtsfehlern verendeten: Er erzählte von echten Missgeburten mit Anomalien, wie zum Beispiel Lämmer, die mit zwei Köpfen geboren wurden oder mit einem Schwanz, der aus dem Magen herauswuchs.




Angesichts dieser Situation machen sich die Einwohner der betroffenen Gegenden große Sorgen. Giuliana Caso berichtet in einem Beitrag über die Wut der Leute und stellt sich selbst Fragen:

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Warum konnte der ehemalige Gesundheitsminister Renato Balduzzi nur einen lächerlichen Entwurf der Projektstudie vorstellen? Was zum Teufel gibt es da noch zu klären? Sind die missgestalteten Schafe von Alessandro Cannavacciuolo nicht genug? Sind nicht dutzende toter Kinder genug? Sind nicht hunderte Krebsfälle genug? Ist es nicht genug mit kriminellen und schlecht aufgeklärten Bauern, die ihre Felder mit einem tödlichen Mix aus Dünger und Gift besprühen? Was braucht man noch, um den Ausnahmezustand ausrufen zu können?

Währenddessen letteradonna.it, folgendes feststellte:

ÜBERSETZUNG
Der Umwelt-Notstand in der Terra dei Fuochi hat so eine Hysterie ausgelöst, dass nun der Verkauf ortstypischer Produkte, wie zum Beispiel Mozzarella oder Früchte und Gemüse, um fast 35 bis 40 Prozent gefallen ist. Laut dem italienischen Bauernverband verbindet der Verbraucher Kampanien, trotz Beteuerungen von allen Institutionen und Verbänden, immer noch mit dem kleinen Teil der Region, der von Feuern und Giften verwüstet wurde.

Es könnte gefährlich werden für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt, wenn Produkte aus Kampanien weiterhin gemieden werden, da es mit über 136.000 Firmen und 65.000 Angestellten Italiens drittwichtigste Region für landwirtschaftliche Erzeugnisse ist.

Als Antwort auf ein Bittschreiben Kardinals Sepe und der Bischöfe der Diözese, die der Terra dei Fuochi angehört, hat das Staatsoberhaupt Giorgio Napolitano die Regierung dazu aufgerufen, der Notsituation mit Entschlossenheit zu begegnen. Die Webseite lettera43.it, zitiert folgendes aus seinem Schreiben:

ÜBERSETZUNG
Der Aufschrei der Mütter”: In einem Abschnitt seines Schreibens erwähnte Napolitano insbesondere: ” Der qualvolle Aufschrei der Mütter, die Kinder haben mit ernsthaften Tumorerkrankungen, die mit der kriminellen Umweltverschmutzung in Regionen Kampaniens in Verbindung gebracht werden, möchte ich hiermit mein ungebrochenes, persönliches Mitleid für ihren Kummer aussprechen. Ich vertraue darauf, dass sie weiterhin dem unermüdlichen Einsatz unserer Institutionen glauben. Dank der aktiven Anteilnahme des Netzwerkes aus Arbeitsgemeinschaften und auch einzelner Personen konnten die Institutionen glaubwürdiger und geschlossener auftreten. Diese Leute geben sich nämlich nicht damit zufrieden, bloß die erlittenen Schäden anzuprangern, sondern sie helfen mit ihren Initiativen bei Überwachungseinsätzen und beim Dekontaminierungsprozess.




Der Regierungszweig, der Ministerpräsident Enrico Letta unterstand, entschied im Januar 2014, das Militär nach Kampanien zu entsenden, um “der Ökomafia Einhalt zu gebieten”. Doch laut Medienberichten bezweifeln viele Bürger den Nutzen des Militärs in diesen Gegenden. Hier ein paar Anmerkungen zu diesem Thema von Lesern der Zeitung corrieredelmezzogiorno.corriere.it:

ÜBERSETZUNG
“Wir werden das Militär schicken, um der Ökomafia Einhalt zu gebieten”. Was bedeutet das? Heißt das, das Militär kann Leute abschießen, wenn es beobachtet, wie illegal Substanzen auf die Erde gekippt werden? Oder können sie Leute festnehmen, wenn sie beim Müllanzünden ertappt wurden? Wenn das nicht der Grund ist wofür sie entsandt wurden, dann lasst sie in den Kasernen. Diese Ausgaben sollten wir uns sparen.





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