Mittwoch, 9. April 2014

Cosa Nostra in Pforzheim aktiv

Stuttgart/Pforzheim. In keinem Land leben so viele Mafiosi wie in Baden-Württemberg auch in Pforzheim und dem Enzkreis. Bei den Ermittlungen ist die Polizei auf Tipps aus der Bevölkerung angewiesen. Die gibt es aber nur äußerst selten.




Baden-Württemberg ist bei Mafia-Angehörigen besonders beliebt. Von bundesweit rund 450 mutmaßlichen Personen mit Bezügen zur italienischen organisierten Kriminalität lebten etwa 150 im Südwesten, wie Sigurd Jäger vom Landeskriminalamt am Mittwoch in Stuttgart mitteilte. Das Bundesland sei sowohl Rückzugs- als auch Betätigungsfeld für die verschiedenen Organisationen.

Hier im Land gebe es eine starke italienische Gemeinschaft. Rund ein Viertel der italienischen Bevölkerung in Deutschland lebe im Südwesten.

Camorra, 'Ndrangheta und die Cosa Nostra seien beispielsweise im Bereich Waffen- und Rauschgiftkriminalität aktiv. Aktivitäten gebe es auch beim Thema Betrug und Falschgeld. Jäger beklagte, dass die hier lebenden Italiener nur äußerst selten mit der Polizei kooperierten. Im vergangenen Jahr habe es einen leichten Rückgang im Bereich der gesamten Organisierten Kriminalität gegeben. Aber die Fälle im Bereich mit italienischen Bezügen hätten leicht zugenommen. Konkrete Zahlen nannte Jäger nicht. LKA-Ermittler Jäger sprach von «einem guten Informationsaustausch». Seriösen Schätzungen zufolge erwirtschafte die sizilianische Mafia weltweit 50 Milliarden Euro im Jahr. Das so illegale Geld werde normal investiert.

Die italienische Mafia mischt vor allem in Nordrhein-Westfalens Baugewerbe kräftig mit. Die vertrauliche Analyse des dortigen Landeskriminalamts liegt einem Rechercheverbund aus «Spiegel», WDR und Funke-Mediengruppe vor. Süditaliener mit Bezügen zur Cosa Nostra würden an Rhein und Ruhr weiterhin Schwarzarbeiterkolonnen steuern.

Der Chef des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, Dieter Schneider, brachte eine Verschärfung der Gesetze ins Spiel. «Die Politik muss sich sicherlich überlegen, ob Strafrecht und Strafprozessrecht ausreichend sind, um wirksamer gegen die Mafia vorzugehen.» Die schlichte Zugehörigkeit zu einer mafiösen Vereinigung stellt in Baden-Württemberg laut Schneider keinen Straftatbestand dar - im Gegensatz zum italienischen Recht.

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Thomas Blenke, sagte, der Südwesten dürfe als wirtschaftsstarkes Land nicht weiter Zielscheibe mafiöser Strukturen und schwerer Kriminalität sein. «Diesen Sumpf darf der Innenminister nicht weiter dulden, sondern muss ihn zügig trockenlegen.»

Auch in der Region finden immer wieder Mitglieder der Mafia Unterschlupf, in mindestens einem Fall begingen sie auch Straftaten. So berichtet Polizei-Sprecher Reinhold Seene von dem Erfolg der Ermittlungsgruppe „Generator“, der Ende 2009 in der Karlsruher Südstadt ein Schlag gegen Marken-Piraterie gelang. Mitglieder der Mafia-Organisation „Camorra“ hatten in Nordbaden gefälschte Stromaggregate und Kettensägen für das 20- bis 40-fache ihres Werts verkauft.

Aufsehen erregte 1995 die Festnahme eines 25-jährigen Mafioso und achtfachen Mörders auf dem Buckenberg. Inzwischen hat er nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ seine 18-jährige Haftstrafe abgesessen und gegen die Mafia-Organisation „Cosa Nostra“ ausgesagt. Da diese ihn nun verfolgt, soll er in Deutschland untergetaucht sein.


Wo die Mafia in Deutschland derzeit besonders aktiv ist, „lässt sich nicht genau lokalisieren, wenn es nicht gerade Strukturermittlungen gibt“, sagt der Karlsruher Polizei-Sprecher Seene. Und da gäbe es in der Region derzeit „nichts Berichtenswertes“.
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